Historie der Gemeinde Augustdorf

Vom Kolonat zum modernen Wohnort

Die Geschichte Augustdorfs beginnt am 11. Dezember 1775: An diesem Tag unterzeichnete Graf Simon August zur Lippe einen Meierbrief für den Barntruper Bürger August Simon Struß, der zuvor als Müller in Retlage tätig war. Diese Urkunde gilt als Geburtsstunde Augustdorfs. Sie verlieh Struß das Recht, am Dören ein Kolonat und einen Krug zu errichten. Bereits im darauffolgenden Frühjahr wurde die erste Hütte gebaut – von Struß selbst.

Die Lage des neuen Siedlungsortes war gut gewählt: Vor der Dörenschlucht kreuzten sich mehrere bedeutende Herr- und Handelswege, darunter der Frankfurter Weg, der Süddeutschland mit Skandinavien verband. Die Region war jedoch herausfordernd: Der Boden war sandig und unfruchtbar, das Wasser knapp, und das Land weitgehend entwaldet. Die ersten Siedler lebten unter harten Bedingungen. Viele Männer verdienten ihren Lebensunterhalt als wandernde Ziegler oder Grasmäher, etwa in Holland.

1779 wurde ein offizieller Anbauplan für das neue Dorf aufgestellt. 1782 folgten eine erste Schule und ein Friedhof. Nach dem Tod des Landesherrn wurde das Dorf 1789 zu dessen Ehren in Augustdorf umbenannt.

Kirchliches und wirtschaftliches Wachstum

1800 wurde eine Kapelle errichtet, 1817 Augustdorf zur eigenständigen Pfarrei, 1875/76 entstand die heutige Kirche. 1887 eröffnete die erste Poststelle, ein eigenes Postgebäude folgte 1908. Märkte spielten früh eine Rolle: Der erste Jahrmarkt wurde 1844 abgehalten, ab 1855 gewannen diese Veranstaltungen zunehmend an Bedeutung.

Militärgeschichte und Neubeginn

Eine tiefgreifende Veränderung brachte das Jahr 1937, als der Truppenübungsplatz in der Senne erweitert und das Nordlager Augustdorf errichtet wurde – zunächst für den Reichsarbeitsdienst, später für die Wehrmacht. In der Endphase des Zweiten Weltkriegs kam es zu Kämpfen in der Region. Amerikanische Truppen befreiten 1945 das benachbarte Kriegsgefangenenlager Stalag 326. Auch in Augustdorf wurden viele Gefangene untergebracht.

Nach dem Krieg war Augustdorf ein Ort der Zuflucht für Menschen verschiedenster Herkunft – russische, polnische, baltische und ukrainische Displaced Persons lebten zeitweise in den Lagergebäuden. Ab 1957 zog die Bundeswehr in das Lager ein und baute den Standort zum zweitgrößten Truppenstandort Deutschlands aus. Es entstanden neue Wohnsiedlungen für Soldatenfamilien – viele blieben dauerhaft.

Aufbruch in die Moderne

Die gewerbliche Entwicklung begann zögerlich: 1950 gab es nur wenige Handwerksbetriebe. Erst mit dem Leitplan von 1957 wurden Industrie- und Gewerbeflächen gezielt ausgewiesen. Heute umfasst das Industriegebiet über 70 Hektar.

Auch die Bevölkerungszahl entwickelte sich dynamisch: Von rund 3.000 Einwohnern 1948 stieg sie bis 1999 auf über 10.000. Besonders in den 1980er Jahren zogen viele Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion nach Augustdorf. Die leerstehenden Wohnungen in der Soldatensiedlung „Am Dören“ boten Platz für die Neuankömmlinge.

Infrastruktur und Gemeinwesen

Mit dem Bevölkerungswachstum ging ein massiver Ausbau der Infrastruktur einher. Heute verfügt Augustdorf über:

  • Zwei Grundschulen mit OGS

  • Eine Realschule

  • Eine Großsporthalle und zwei Turnhallen

  • Sieben Kindertageseinrichtungen

  • Kunstrasen- und Rasensportplätze mit Flutlicht

  • Feuerwehrgerätehaus

  • Rettungswache

  • Jugendtreff

  • Gemeindebücherei mit rund 10.000 Medien

Politisch eigenständig geblieben

Augustdorf ist die einzige lippische Gemeinde, die bei der kommunalen Neugliederung 1970 nicht verändert wurde – aufgrund ihrer Lage und ihrer militärischen Bedeutung.

Verbunden über Grenzen hinweg

Augustdorf blickt nicht nur auf eine bewegte Vergangenheit, sondern auch auf gewachsene Beziehungen: Seit 1990 besteht eine Städtepartnerschaft mit der Stadt Wanzleben-Börde in Sachsen-Anhalt. Die Ursprünge dieser Verbindung reichen zurück bis in die Zeit der DDR. Der Wanzlebener Ortsteil Blumenberg wurde für viele ehemalige Haustenbecker – nach der Aufgabe ihrer Heimat im Jahr 1937 – zur neuen Heimat. Diese historische Verbindung bildet bis heute ein Band zwischen Ost und West.